Wacken Open Air & Guns'N'Roses

FESTIVALMEINUNG

UWE BAHN

8/3/2025

Das Wacken Open Air 2025 ist vorbei. Es hat Geschichte geschrieben. Eine ganz besondere Geschichte. Natürlich wieder einmal mehr Rain als Shine. Fast traditionell hat das Wetter gezeigt, dass es mit den Metalheads nicht nur befreundet ist. Die haben allerdings so ein Gemüt und Mindset, dass sie das - wie in vielen Jahren vorher - geduldig ertragen und als unvermeidlich akzeptieren. Nicht nur das kann man von dieser Community lernen.

Zwei Fanboys holen ihre Heroes

Dieses Jahr ist viel mehr passiert. Die beiden Wacken Gründer Holger Hübner und Thomas Jensen haben etwas geschafft, das als ein weiteres „Wunder Wacken“ in ihr Leben eingehen wird: Als „Fanboys“ haben sie die Rockgruppe auf ihren Acker geholt, die sie seit der Pubertät verehren: Guns’N’Roses, ihre Heroes. Eine der größten Rockbands aller Zeiten, die sie bereits gehört haben, als sie Ende der 80er Jahre in ihrer Dorfkneipe bei Bier und Korn über ein Metal-Festival rumgesponnen haben. Hätten sie damals gesagt, dass im Jahre 2025 auf der Kuhweide ihrer Heimat Guns’N‘Roses spielen werden – sie wären vermutlich in der Psychiatrie gelandet.

Wir können es nur erahnen, wieviele e-mails, wie viele videocalls, aber auch wieviele zerplatzte Träume die beiden hinter sich haben, bis mit „Welcome to the Jungle“ am Donnerstag Abend wirklich der erste Song von Guns’N’Roses über die Wiesen von Wacken dröhnte. Und wir können auch nur vermuten, wie feucht die Augen, wie weich ihre Knie waren. Ich kenne beide fast vierzig Jahre, also länger als das Wacken Open Air. Ich weiß genau, wie sie in dem Moment gefühlt haben.

Fünf vor zwölf bei Guns'N'Roses

Und wie wir alle, haben Holger und Thomas auch miterlebt, dass Sänger Axl Rose am Ende seiner Bühnen-Karriere steht, dass das in Wacken vielleicht sein letztes Konzert war. Seine dünne Stimme, die immer wieder in den Falsett-Bereich flüchten wollte, auch dort die Töne nicht traf, Backing Vocals, die versuchten zu retten, was nicht zu retten war. Es war fast erschütternd. Ob bei „November Rain“ oder „Sweet Child O‘ Mine“. Wir mussten miterleben, wie auf der Wiese von Wacken ein Rock-Denkmal zerfiel. Stimmlich, nicht physisch. Fast dreieinhalb Stunden hielt der Mann trotzdem auf der Bühne durch. Länger als viele Fans, die das Infield frühzeitig verlassen haben. Wie mag es bei Slash und den anderen Musikern in den In-Ears geklungen haben? Vielleicht haben das Wacken Open Air und ihre beiden Gründer Holger Hübner und Thomas Jensen den allerletzten Live-Slot in der Geschichte von Guns’N’Roses bekommen. Das könnte diesen Abend historisch gemacht haben. Es war auch sinnbildlich fünf vor zwölf als der letzte Verstärker auf der Harder Stage abgedreht wurde.

Was bleibt für mich nach diesem Konzert von Guns’N’Roses, nach diesem W:O:A 2025 hängen? Dass bei aller Kommerzialität des Festivals das Herz und die Leidenschaft bei Holger Hübner und Thomas Jensen gesprochen haben. Sie konnten es nicht verbergen und das ist gut so. Es bleibt auch hängen, dass das Wacken Open Air soviel mehr ist als ein namhafter Headliner. Ich denke da auch an den Auftritt von BAP mit Wolfgang Niedecken, die nicht unbedingt vor ihrer Zielgruppe gespielt, aber grandios abgeliefert haben, dafür Liebe, Wärme und stürmischen Applaus zurückbekamen.

Der Headliner ist die Community!

Vermutlich werden die Gründer erst Ruhe geben, wenn auch Metallica vor ihrer Haustür spielt. Wir, die Öffentlichkeit, wir sollten sie nicht in diesen Kreislauf hetzen, immer größere Namen auf den Festival-Acker zu holen. Der größte Name, der allergrößte, ist die Metal-Community. Sie sind die Headliner. Eine 85.000 Menschen-Gemeinschaft aus aller Welt, die seit Jahren Verständigung vorlebt. Mit dem gemeinsamen Nenner Musik. Egal welcher Religion, welcher Hautfarbe, welcher Nation. Holger Hübner, Thomas Jensen, das Team, das Dorf, sie haben diese „Koppel des menschlichen Zusammenlebens“ geschaffen. Etwas, das Politikern auf der Welt nicht gelingen will. In diesem kleinen Dorf in Schleswig-Holstein können sie eine Menge über Völkerverständigung lernen.

Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich die Performance von Axl Rose so hart auf Facebook kritisieren sollte. Zwei Millionen Menschen hat der Post erreicht. Weil ich weiß, es trifft vielleicht auch Holger und Thomas. Ich habe es getan, weil ich in diesen Social Media Zeiten weiter auf ehrlichen Journalismus setze. Jenseits von Fake News, Ideologien usw. Gerade und klare Worte. Das ist auch die Kommunikation, die ich mit Holger und Thomas nicht anders kenne. Natürlich respektvoll, tolerant, das ist die Basis, die ja auch auf den Wiesen von Wacken vorgelebt wird. Bei Rain or Shine. In diesem Sinne freue ich mich auf das Festival 2026. Gerne auch ohne Metallica…